Parlamentarische Anfrage Trinkwasserhygiene in Niedersachsen

Auf Initiative der Partner für Wasser e.V. hat der Abgeordnete des Landtages Niedersachsen, Martin Bäumer (CDU), eine Kleine Anfrage zum „Status Quo der Trinkwasserhygiene in Niedersachsen“ auf den Weg gebracht. Fokus der Anfrage ist das Hygienemanagement in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Im Herbst 2019 haben die Partner für Wasser in Gesprächen mit Landtagsabgeordneten in Hannover die Herausforderungen der mangelnden Trinkwasserhygiene im öffentlichen Sektor diskutiert und den Handlungsbedarf auf die Agenda gesetzt.

Einen Überblick über die Trinkwasserhygiene-Studien, die die Partner für Wasser in den letzten vier Jahren in Auftrag gegeben haben, finden Sie hier.

Die Antworten der Landesregierung datieren von Ende Juni 2020. Wir haben uns einige Punkte genauer angeschaut und bewertet.

In ihrer Antwort geht Frau Dr. Carola Reimann, Niedersächsische Ministerin für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, vor Beantwortung der Fragen auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen auf EU- und nationaler Ebene im Bereich Trinkwasserhygiene ein.

Es gibt viele interessante Hinweise in dieser Antwort:

1.Im niedersächsischen Landesgesundheitsamt (NLGA) kümmerst sich eine Vollzeit-Hygienefachkraft speziell um die Hygiene in Alten- und Pflegeheimen.

2. Eine landesweite Erhebung zu Trinkwasserhygiene in Krankenhäusern und Pflegeheimen findet nicht statt und ist auch nicht für die Zukunft vorgesehen. Die Partner für Wasser fordern, dass der Bund regelmäßige Studien zur Trinkwasserhygiene in o.g. Einrichtungen einführt. Nur so kann ein Gesamtbild über die Situation entstehen und gegengesteuert werden.

3. Frau Dr. Reimann geht detailliert auf den Umgang mit Infektionen im Zusammenhang mit der Trinkwasserhygiene ein: Im Rahmen der Meldepflicht gemäß §7 Infektionsschutzgesetz (IfSG) konnte seit 2001 in den Daten von Niedersachsen kein klarer epidemiologischer Zusammenhang zwischen Infektionen oder Ausbrüchen durch Legionellen bzw. Pseudomonas aeruginosa und der Trinkwasserhygiene in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen festgestellt werden. Die Partner für Wasser betonen immer wieder, dass der Zusammenhang zwischen Krankenhausinfektionen und Problemen durch veraltete und sanierungsbedingte Trinkwasseranlagen kaum bekannt ist. Laut den Partnern für Wasser ist es nur schwer vorstellbar, dass es in Niedersachsen seit fast 20 Jahren keinen dokumentierten Fall gegeben hat (siehe PfW-Studie). Die Partner für Wasser begrüßen wiederum das Forschungsprojekt „Legionellen in der Trinkwasser-Installation – Auswertung von Trinkwasseruntersuchungen und epidemologische Fall-Kontrol-Studie“. In diesem wird untersucht welche Infektionsquellen und welche Risikofaktoren (u.a. baulicher Art) für das Auftreten von Legionellosen identifiziert werden können.

4. Inwieweit treten Hygienemängel und Infektionen aufgrund veralteter, sanierungsbedürftiger Trinkwasseranlagen auf? Die Antwort auf diese Frage unterstreicht die langjährige Arbeit der Partner für Wasser: Unterlassene Instandhaltungsmaßnahmen an Komponenten der Trinkwasseranlage können die beschriebenen Vorgänge (Vermehrung von Mikroorganismen und Entstehung von Biofilmen) verstärken und weitere Gefährdungen verursachen. Gerade in großen Gebäuden wie Krankenhäusern und Pflegeheimen kann die Komplexität der Trinkwasserinstallationen mit z.B. großvolumigen Warmwasserspeichern, hohen Vebrauchspitzen, stark verzweigten Installationen und nicht zurückgebauten Totleitungen zu mikrobiologischen Kontaminationen führen. Seit ihrer Gründung fordern die Partner für Wasser, dass es zu einer Ausweitung des Bundes-Hygienesonderprogramms auf bauliche Maßnahmen kommt.

5. Präventive Maßnahmen / Handlungsempfehlungen: Nach der Richtlinie für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention ist Wasser aus Anlagen der Hausinstallation halbjährlich z.B. auf Koloniezahl, E. coli, Pseudomonas aeruginosa und Legionelle spp. zu untersuchen.

7. Welche finanzielle Förderung ermöglicht das Land Niedersachsen den Altenpflegeheimen und Krankenhäusern speziell für die Trinkwasserhygiene? Eine finanzielle Förderung findet nicht statt – Haus- und Wohnungseigentümer sind in der Pflicht, die gesetzlichen Grenzwerte innerhalb des Hauses einzuhalten. Laut Frau Dr. Reimann, sei es recht unwahrscheinlich, dass mikrobiologische Beeinträchtigungen in der Trinkwasserverteilung innerhalb des Hauses (Krankenhaus, Pflegeheim) nicht erkannt werden. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hat für 2019 einen Investitionsstau von 30 Milliarden € ermittelt – Die Partner für Wasser fordern seit Ihrem Bestehen die Schaffung von Investitionsspielräumen zur Verbesserung der Trinkwasserhygiene.

Gespräch mit Landtagsabgeordneten in Niedersachsen

v.l.: Joachim Stücke,⁩ Christian Zehetgruber, Frank Oesterhelweg MdL, Martin Bäumer MdL, Dr. Frank Schmädeke MdL, Axel Miesner MdL und Udo Sonnenberg ⁦

Die Partner für Wasser setzen ihre Gespräche in den Ländern fort: Nach Vor-Ort-Terminen in Stuttgart (2018) und Nordrhein-Westfalen (Anfang 2019) kam es heute zu einem weiteren Treffen mit Landtagsabgeordneten der CDU in Niedersachsen. In Stuttgart wurde ein Entschließungsantrag ins Parlament eingebracht. Zwischenzeitlich liegen weitere parlamentarische Antworten aus Mecklenburg-Vorpommern und aus Hessen vor.

Mit den Parlamentariern in Niedersachsen haben wir diskutiert, was getan werden kann, damit eine mangelnde Trinkwasserhygiene in öffentlichen Gebäuden der Daseinsvorsorge (Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Schulen, Sportstätten etc.) nicht zu schwerwiegenden Schäden an Leib und Leben führt. Es geht nicht darum, Angst und Schrecken zu verbreiten. Aber eine vernünftige Datenlage wäre schon ein Anfang. Danach käme die gründliche Analyse und dann sollte man über entsprechende Maßnahmen diskutieren. Wir freuen uns, diesen Dialog gemeinsam in Gang zu setzen, um mittel- und langfristig die Trinkwasserqualität im Healthcare-Sektor entscheidend zu verbessern.

 

Parlamentarische Anfrage Trinkwasserhygiene in Mecklenburg-Vorpommern

Foto: Pixabay, @cocoparisienne

Auf Initiative der Partner für Wasser e.V. hat der Abgeordnete des Landtages Mecklenburg-Vorpommern, Torsten Koplin (DIE LINKE), eine Kleine Anfrage zur „Hygiene und Trinkwasserhygiene in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen in Mecklenburg-Vorpommern“ auf den Weg gebracht. Die Antworten der Landesregierung datieren von Mitte Juli 2019. Wir haben uns einige Punkte genauer angeschaut und bewertet.

Es gibt viele interessante Hinweise in dieser Antwort. So z.B., dass mehrfach Legionellen aufgetreten sind, und dass alle Kreise in Mecklenburg-Vorpommern sehr unterschiedlich melden, was bedauerlicherweise eine strukturierte Auswertung erschwert.

Eine Befragung der für die Begehung von Pflegeeinrichtungen zuständigen Mitarbeiter ergab u.a.: „unzureichend genutzte Trinkwasserleitungen insbesondere in Zimmern bettlägeriger Patienten, keine Spülpläne vorhanden“. Dieser Zustand birgt in Kombination ein großes Gefahrenpotenzial.

Interessant ist auch eine parlamentarische Drucksache mit der Nummer 7/3312 (Seite 11 in der vorliegenden Antwort) auf die Bezug genommen wird:

Frage: „Wie viele Ärzte absolvierten seit 2016 eine Weiterbildung zum Krankenhaushygieniker?“

Antwort: „Seit 2016 haben 10 Ärzte die Weiterbildung begonnen, nur eine Ärztin hatte bis 2018 abgeschlossen. Aufgrund mangelnder Bewerbungen konnten zwei Weiterbildungsstellen für Krankenhaushygieniker seit mehreren Jahren nicht besetzt werden.“

Hinweis/Bewertung PfW: Die Ausbildung (laut Informationen im Internet) ist innerhalb von 24 Monaten/2 Jahren zu absolvieren. Es scheint also kaum Druck auf dem Thema zu sein, sonst hätten die restlichen neun Ärzte ja auch schon abgeschlossen.

„Deshalb ist es wichtig, dass in jeder Einrichtung ein Wasser-Sicherheitsplan erstellt wird“

Hinweis dazu seitens der PfW: Der Wasser-Sicherheitsplan (Water-Safety-Plan) behandelt ursprünglich das Konzept eines Trinkwasser-Qualitätsmanagements von der Wassergewinnung und Aufbereitung, über den Transport in das Einzugsgebiet, bis hin zur Bereitstellung des Trinkwassers an der Hauseinführung der Verbraucher. Ziel ist es, durch präventive Risikobetrachtungen die negative Veränderung des Trinkwassers auf dem Weg durch die einzelnen Prozesse zu verhindern und eine hohe Qualität sicherzustellen. Dementsprechend fand bis vor geraumer Zeit der Water-Safety-Plan hauptsächlich Anwendung im Qualitätsmanagement der (großen) Versorger.

Mit der Novellierung der Trinkwasserverordnung und der Verschärfung der Hygienevorgaben in den allgemein anerkannten Regeln der Technik (u.a. DIN 1988, VDI 6023, VDI 3810 etc.), schwappt die Forderung nach einem Qualitätsmanagement auch auf die Gebäudeinstallation über. Hierbei rückt dann natürlich der Health-Care Bereich in den Vordergrund.

Das Umweltbundesamt erläutert das „Water Safety Plan-Konzept (WSP)“ der WHO ausführlich auf seiner Webseite:

„Eine Überschreitung des festgelegten Maßnahmenwertes (PfW-Ergänzung: für Legionellen) bedeutet nicht gleich eine sanierungsbedürftige Trinkwasserinstallation.“

Hinweise/Bewertung der PfW: Überschreitungen des Maßnahmewertes können lokalen wie auch systemischen Ursprungs sein. Wird z.B. eine Entnahmestelle nicht ausreichend oder längere Zeit nicht genutzt, kann es gut sein, dass bei der unmittelbaren Beprobung an dieser Stelle der Maßnahmewert weit überschritten wird. Hier ist jetzt nicht unbedingt der Zustand der Trinkwasser-Installation der Grund für die Überschreitung, sondern eher das Nutzerverhalten. Aus der Erfahrung heraus ist es jedoch meistens ein Zusammenspiel aus beiden. In den seltensten Fällen werden in einer Anlage mit Überschreitungen des Maßnahmewertes, egal ob lokal oder systemisch, keine Mängel festgestellt. Genauso heißt es aber nicht, dass in Anlagen ohne Überschreitungen keine Mängel sind. Jede Anlage ist Individuell zu betrachten und im Zusammenhang mit dem Nutzerverhalten zu bewerten.

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