Trinkwasserhygiene in die Politik

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Positionen und Forderungen zur Sicherstellung einer optimalen Trinkwasserhygiene in öffentlichen Gebäuden – mit Schwerpunkt Gesundheitseinrichtungen als besonders sensible Bereiche

1. Verpflichtende Wasser-Sicherheitspläne (WSP)
Gesundheitseinrichtungen müssen verpflichtet werden, Wasser-Sicherheitspläne zu erstellen und umzusetzen, um Risiken in der Wasserversorgung frühzeitig zu identifizieren und zu minimieren. Dies ist erforderlich, da sich in Gesundheitsein-richtungen kranke und immungeschwächte Personen aufhalten und diese Einrichtungen meist über komplexe, weitverzweigte Trinkwasserinstallationen verfügen, wo eine stete Nutzung aller Entnahmestellen selten möglich ist. Für Um,- Zu- und Neubauten sollte der WSP eine Voraussetzung für die Bewilligung werden.

  • Ein gesetzlicher Rahmen zur Unterstützung dieser Maßnahme ist notwendig. Damit wird auch die Gefahr von Haftungsansprüchen reduziert, was die Hausleitung entlastet.

 

2. Stärkung der VDI 6023-Richtlinie
Grundlage für hygienebewusstes Planen, Bauen und Betreiben von Trinkwasser-Installationen ist die VDI-Richtlinie 6023, die erstmals 1999 als Richtlinie aufgegriffen wurde. Die VDI 6023 ist als a.a.R.d.T. (allgemein anerkannte Regel der Technik) anerkannt und damit im Zweifelsfall bindend.

  • Die Anforderungen der VDI 6023 zur Planung, Ausführung und Wartung von Trinkwasserinstallationen sollten in der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) verankert werden. Das gleiche fordern wir für die DVGW Arbeitsblätter W551, W556, W557, W558 und die DIN EN 1717 („Schutz des Trinkwassers vor Verunreinigungen in Trinkwasserinstallationen und allgemeine Anforderungen an Sicherungseinrichtungen zur Verhütung von Trinkwasserverunreinigungen durch Rückfließen“), DIN EN 806 und DIN 1988.

 

3. Pflichtschulungen zur Trinkwasserhygiene
Angesichts der steigenden Anforderungen seitens der Aufsichtsbehörden und der knappen Ressourcen in den Einrichtungen erscheint es erforderlich, dass ein umfassender Leitfaden erstellt und geschult wird.

  • Gesetzliche Vorgaben sollten vorsehen, dass Personal, das Trinkwasser-Installationen betreibt oder wartet, regelmäßig nach VDI 6023 geschult wird (z.B. Meister und Ingenieure). Dies verbessert die fachgerechte Handhabung und reduziert Hygienerisiken. Zudem sollten Zertifizierungen von Sachverständigen nicht von Verbänden und Vereinen durchgeführt werden, sondern von staatlichen Stellen. Denkbar wäre eine Stufe unterhalb der öffentlichen Bestellung und Vereidigung.

 

4. Einführung von Hygiene-Erstinspektionen
Die Qualitätssicherung von Trinkwasserinstallationen in Einrichtungen der gesundheitlichen Daseinsvorsorge ist essenziell für die Vermeidung nosokomialer Infektionen.

  • Bei neuen oder sanierten Trinkwasser-Installationen sollte eine Hygiene-Erstinspektion verpflichtend vorgeschrieben werden, um potenzielle Gefährdungen frühzeitig zu erkennen.

 

5. Innovationen für Verbrühungsschutz und Legionellenkontrolle
Zwei häufige Ursachen für schwere Verletzungen in Gesundheitseinrichtungen sind Verbrühungen und Infektionen wie Legionärskrankheit. Hier braucht es entsprechende Innovationen.

  • Es sollte darum gezielt im Bereich technischer Maßnahmen geforscht und entwickelt werden. Innovationen, die gleichzeitig Verbrühungsschutz gewährleisten und das Risiko von Legionellenwachstum reduzieren sind das Ziel dieser Maßnahme.

 

6. Blockaden innovativer Technologien aufheben
Eine optimale Hygiene benötigt eine langfristige strategische Umsetzung. Einrichtungen müssen in der Lage sein, Hygieneinformationen verlässlich zu beziehen und Lösungen ebenso verlässlich umzusetzen.

  • Neue, innovative Technologien (z.B. die Ultrafiltration) zur Verbesserung der Trinkwasserhygiene müssen etabliert werden. Öffentliche Einrichtungen sollten verpflichtet werden, smarte Hygienelösungen zum Einsatz zu bringen.

 

7. Transparenz und Beratung
Um bundesweit einheitliche Standards zu entwickeln und diese dann zu implementieren, braucht es ein Know-how-Zentrum. Das würde der Bedeutung von Prävention und nachhaltiger Hygienesicherung in Gesundheitseinrichtungen gerecht werden.

  • Ein nationales Kompetenzzentrum für Trinkwasserhygiene könnte eingerichtet werden. Es hilft Gesundheitseinrichtungen bei der Umsetzung gesetzlicher Anforderungen und informiert über Best Practice-Beispiele. Das Kompetenzzentrum könnte unter dem Dach bzw. der Aufsicht des Umweltbundesamts (UBA) eingerichtet werden.

Martin Taschl zur Bedeutung des Wassersicherheitsplans (WSP)

Unser Experte Martin Taschl, hat als Schulungsleiter viel Erfahrung in der Vermittlung von fachlich-technischen Zusammenhängen in Verbindung mit der Trinkwasserhygiene. Bei Springer Medizin ist ein Interview/Fachartikel veröffentlicht, wo er über sein im Frühjahr 2024 veröffentlichtes Buch spricht. Es trägt den Titel: „Wasserqualität im Fokus: Warum der Wassersicherheitsplan für Krankenhäuser unverzichtbar ist“ und ist bei Austrian Standards erschienen. Seine Ausführungen und praktischen Hinweise gelten aber genauso auch für Deutschland und darüber hinaus.

Die Gewährleistung der Trinkwassersicherheit in Krankenhäusern ist von entscheidender Bedeutung, da hier besonders gefährdete Personen betreut werden. Die Implementierung eines Wassersicherheitsplans (WSP) bietet einen proaktiven Ansatz zur Identifizierung und Minimierung potenzieller Risiken in Trinkwasserinstallationen.

Dieser Plan umfasst präventive Maßnahmen und klare Handlungsanweisungen, um im Störfall schnell reagieren und einen sicheren Betriebszustand wiederherstellen zu können. Zudem unterstützt der WSP Krankenhäuser dabei, ihrer Verkehrssicherungspflicht nachzukommen und Haftungsansprüche zu reduzieren. Angesichts der Komplexität moderner Trinkwasserinstallationen und neuer Technologien, wie der Kaltwasserzirkulation, ist ein gut durchdachter Wassersicherheitsplan unerlässlich, um die Gesundheit der Patienten zu schützen und organisatorische Schwächen aufzudecken.

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Gefährdungsanalyse / Water Safety Plan – Verfahren und Umsetzung in der Praxis

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Die Wasserversorger sind dafür zuständig, stets sauberes Wasser zu liefern. Die höchste Gefahr unserer Trinkwasserqualität geht jedoch vom Einzugsgebiet über die Aufbereitung und Speicherung bis hin zu den Entnahmestellen aus. Besonders hier können verschiedene Ereignisse die Wasserqualität verschlechtern. Dabei stellen biologische, chemische, physikalische oder radiologische Beeinträchtigung eine Gefährdung dar.

Beim Water Safety Plan (WSP) handelt es sich um eine maßgeschneiderte Systemanalyse vom Einzugsgebiet bis zum Wasserhahn, die alle Gefahren der Trinkwasserversorgung erfasst. Ziel ist es, sämtliche Gefahren vom Wassereinzugsgebiet bis hin zum Endverbraucher zu identifizieren, zu bewerten und Maßnahmen gegen die Überschreitung von definierten Grenzwerten zu finden. Doch wie sieht die Umsetzung des Water Safety Plans und der dazugehörigen Gefährdungsanalyse in der Praxis aus? Wir geben Ihnen einen Einblick.

Schritt 1: Die Zusammenstellung eines WSP-Teams

Um den Water Safety Plan durchführen zu können, ist die Bildung eines WSP-Teams essenziell. Dazu zählt der Betreiber der Anlage, der die Entscheidungsbefugnis und die Budgetverantwortung hat. Ein weiteres Teammitglied ist ein Installateur für Reparaturen und Instandhaltungen an der Anlage, der auch eine entsprechende Dokumentation dazu durchführt. Ein essenzielles Teammitglied ist zudem der Trinkwasser-Sachverständige. Dieser übernimmt die Systembeschreibung, die Dokumentation der Gefährdungsanalyse und die Risikoabschätzung. Für die Umsetzung des Water Safety Plans ist neben dem Teambuilding und einer gemeinschaftlichen Zusammenarbeit mit jedem einzelnen Mitglied auch das Vorhandensein aller relevanten Unterlagen der Trinkwasser-Installation eine zentrale Grundlage.

Schritt 2: Die Systembeschreibung

Das WSP-Team ist im weiteren Schritt für die Beschreibung des gesamten Systems verantwortlich. Probleme bei der Systembeschreibung sind häufig fehlende Revisionsunterlagen, die vom WSP-Team neu angefertigt und aktualisiert werden müssen. Zudem müssen Instandhaltungsunterlagen, das heißt, Unterlagen von sämtlichen Reparaturen, Beprobungsergebnissen oder Änderungen in der Installation, zusammengetragen und dokumentiert werden. Erst wenn alle Unterlagen zur Systembeschreibung zusammengetragen wurden, kann als weiterer Schritt die Systembewertung erfolgen. Dazu zählen zum einen die Gefährdungsanalyse und zum anderen die Risikoabschätzung.

Schritt 3: Die Gefährdungsanalyse

Bei der Gefährdungsanalyse wird, vereinfacht ausgedrückt, folgende zentrale Frage gestellt: Was kann wo passieren? Der Water Safety Plan unterscheidet dabei zwischen Gefährdungen und Gefährdungsereignissen. Das WSP-Team ermittelt für jeden Versorgungsschritt die möglichen Gefährdungen und Gefährdungsereignisse und dokumentiert diese. Dabei werden auch bereits bekannte Gefährdungen und Ereignisse aus der Vergangenheit durch betriebliche Aufzeichnungen in der Analyse berücksichtigt. Für die Gefährdungsanalyse ist es zudem wichtig, die mikrobiologische und chemische Zusammensetzung des Rohwassers sowie des Trinkwassers zu kennen.

Eine zentrale Bedeutung der Gefährdungsanalyse nimmt die Begehung der gesamten Trinkwasserversorgung vor Ort durch das WSP-Team ein. Um ein klares Bild von Gefährdungen zu bekommen, ist es besonders wichtig, die Gefährdungsereignisse und Auslöser zu beschreiben. Anhand dessen lassen sich mögliche Probleme und deren Ursachen in der Wasserversorgung frühzeitig erkennen und eine dazugehörige Risikoabschätzung abgeben. Dabei werden die Eintrittswahrscheinlichkeit und das mögliche Schadensausmaß einer Gefährdung miteinbezogen. Durch dieses Wissen können nun entsprechende Risikomaßnahmen in die Wege geleitet werden.

Schritt 4: Die Risikobeherrschung

Erst wenn die Gefährdungsanalyse und Risikoabschätzung vollzogen wurden, kann der entscheidende Schritt der Risikobeherrschung erfolgen. Durch die zuvor zusammengestellten Objektunterlagen kann eine zielsichere Instandsetzung und Sanierung der Anlagen erfolgen. Zur Risikobeherrschung zählt auch die regelmäßige Überwachung der erfolgten Maßnahmen und die Festlegung von möglichen Korrekturmaßnahmen.

Fazit

Wichtig: Beim WSP-Konzept handelt es sich keinesfalls um eine einmalige Angelegenheit. Der Prozess von der Bildung eines WSP-Teams über die Systembeschreibung und -bewertung bis hin zur Risikobeherrschung ist ein dauerhafter Prozess. Nur so kann die Trinkwassersicherheit und -versorgung sichergestellt und auf den aktuellen Stand gehalten werden. Der Water Safety Plan macht aufbauend auf den genannten Schritten eine Risikominimierung möglich – und sorgt durch kontinuierliche Kontrollmaßnahmen für planbare Trinkwassersicherheit, auch in der Zukunft.

 

Das ist ein Gastbeitrag des PfW-Partners acb activ consult berlin GmbH. Verantwortlich für den Text: Geschäftsführer Jörg Drachholtz-Lebedies

Bisherige Beiträge aus dieser Reihe: BiofilmTrinkwassergrenzwerteBetreiberpflichtenLegionellenwissenTrinkwasserqualität in der HausinstallationGrundlagen Trinkwasserhygiene, Gefahr von Legionellen in dezentraler Trinkwassererwärmung

Neuregelungen bei der Umsetzung der neuen EU-Trinkwasserrichtlinie

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Im Januar 2023 muss die neue EU-Trinkwasserrichtlinie in nationales Recht umgesetzt werden. Damit verbunden ist die Risikobewertung der Hausinstallationen auf Basis eines Wassersicherheitsplanes. Auch am Normensektor sind umfassende Neuerungen zu erwarten.

Mit der neuen EU-Trinkwasserrichtlinie 2020/2184 werden umfangreiche Änderungen der Trinkwasserverordnung erforderlich. So finden sich in ihr erstmals gesetzlich festgelegte Parameterwerte für Legionellen, die Bewertung des von den Hausinstallationen ausgehenden Risikos wird zumindest für sogenannte „prioritäre“ Örtlichkeiten verbindlich. Die Festlegung dieser Örtlichkeiten obliegt den nationalen Behörden, von der Kommission vorgeschlagen werden etwa Krankenhäuser, Gesundheitseinrichtungen, Altersheime, Kinderbetreuungseinrichtungen, Schulen, Bildungseinrichtungen, Beherbergungsbetriebe, Restaurants und Gaststätten, Sport- und Einkaufszentren, Freizeit-, Erholungs- und Ausstellungseinrichtungen, Strafvollzugsanstalten und Campingplätze. Für sie ist auf Basis eines Wassersicherheitsplans ein Risikomanagementsystem zu etablieren, um eine Gefährdung der Nutzer dieser Einrichtungen hintanzuhalten. Nicht nur Installateure, sondern auch Verbraucher und Immobilienbesitzer müssen zukünftig über die Gefahren und die richtige Nutzung der Hausinstallationen unterrichtet werden.

Der Beitrag unseres Kooperationspartners Martin Taschl geht auf die wichtigsten grundlegenden Änderungen und die Elemente des Wassersicherheitsplans ein.

Neue Partner für Wasser

Wir freuen uns über weitere Unterstützung bei der Sensibilisierung für Trinkwasserhygiene im Healthcare-Sektor – herzlich willkommen!

„Wasser ist unser Element – und das muss im Fluß bleiben – ohne Wenn und Aber“, sagt Dr. Hans-Joachim Greunig, Hygieneexperte und Handlungsbevollmächtigter der G5 Performance und freut sich, sein Wissen und seine Erfahrungen einbringen zu können. Dr. Greunig ist zudem im Vorstand des Deutschen Fachverbandes für Luft- und Wasserhygiene e.V.

„Ein Spezialgebiet von uns ist der Water-Safety-Plan, der immer mehr an Bedeutung gewinnen wird. Entsprechend der EU-Trinkwasserrichtlinie 2020/2184, die bis zum 12.01.2023 in nationales Recht umgesetzt werden muss, kommt der Aspekt des Wassersicherheitsplans stärker zum Tragen“, sagt acb-Geschäftsführer Jörg Drachholtz-Lebedies. Er sieht viele Anknüpfungspunkte für eine gute Zusammenarbeit mit dem Verband Partner für Wasser. „Wir wollen einiges in der Trinkwasserhygiene gemeinsam bewegen.“

Sicherheit in sensiblen Bereichen

Wasseraufbereitung in Pflegeeinrichtungen

Wasserqualität in Bildungs- und Betreuungseinrichtungen

Hygiene und Zuverlässigkeit

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